Skip to content

Kindersanatorium Erich Steinfurth in Zinnowitz

Weniger als 1 MinuteLesestoff für Minuten

Kindersanatorium Erich Steinfurth in Zinnowitz

Weniger als 1 MinuteLesestoff für Minuten

Einem interessanten Hinweis folgend – Ein Dank geht nochmals raus an dieser Stelle – ging es für die neueste Urbex-Tour mal wieder auf die wunderschöne Insel Usedom.

Inmitten des Ostseebades Zinnowitz, auf dem Glienberg gelegen, eröffnet sich dem wachsam Suchenden die atemberaubende Kulisse des ehemaligen Kindersanatorium Erich Steinfurth.

Inhaltsverzeichnis

Abseits der Touristenstraßen

Obwohl ich Zinnowitz schon des Öfteren besucht habe und das auch in den Tagen der DDR, auf den Glienberg hat es mich irgendwie nie verschlagen. Daher war mir die Existenz des Sanatoriums auch bis vor Kurzen noch unbekannt.

Etwas abseits der geläufigen Touristenstraßen erhebt sich der in sich geschlossenen Gebäudekomplex und verzaubert das Auge mit einer gelungenen Mischung aus Neobarock und Reformarchitektur.

Zugänge und Hof befinden sich zur Straßenseite, rückwärtig erstreckt sich ein weitläufiger Park mit angrenzenden Nebengebäuden und kleineren Pavillons. Ein verrostetes Schaukelgestell inmitten des Unterholzes lässt noch erahnen, wo einst der Spielplatz war.

Planung ist nur eine geistige Vorwegnahme …

Ein Gefühl von „zu spät“ überkam mich während meiner Recherchen zu diesem Photo-Walk. Ich lass von einem neuen Besitzer und großen Plänen der Stadt Zinnowitz hinsichtlich einer aufwendigen Renovierung der denkmalgeschützten Anlage.

Bereits 2017 konzipiert, berichtete noch 2020 ein optimistisch klingender OB von dem großen Unterfangen, was dann spätestens ab 2023 umgesetzt werden sollten. Nun, wir haben Sommer 2024, und es ist noch immer nichts dahingehend passiert. Einzig die großflächigen Banner an den Zäunen verweisen auf vage Absichten.

Wie immer gibt es eine gute und eine schlechte Seite. Zum einen zerbröckelt allmählich ein architektonisch interessanter Gebäudekomplex in seine Grundbestandteile. Ein, noch nicht ganz so alter Brand im Dachstuhl des Haupthauses dürfte die Sache allerbesten noch beschleunigt haben. Die Zeit verstreicht wie so oft, und damit auch die Chance, dem ehemaligen Sanatorium neues Leben einzuhauchen, in welcher Form und Gestalt auch immer.

Doch auf der anderen Seite – und das mag ein bisschen egoistisch klingen – bleibt uns hier wahrscheinlich ein wundervoller Lost Place mit unzähligen interessanten Fotomotiven erhalten.

„Ohne Fotografie ist der Moment für immer verloren, so als ob es ihn nie gegeben hätte.“

Richard Avedon

Wie vergilbte Fotografien

Nähert man sich dem Gebäudekomplex, wird einem bewusst, dass hier einst ein Ort von unvergleichlichem Charme und Eleganz stand. An einigen wenigen Stellen schimmern noch die Überreste einer vergangenen Pracht durch, wie vergilbte Fotografien, die von glorreichen Tagen erzählen.

Die Innenräume, einst aufwendig gestaltet, prahlen noch immer in Gedanken mit ihren hölzernen Wandverkleidungen, dem edlen Parkett und den meisterhaft geschnitzten Geländern.

Architektonisch herausragend und faszinierend ist der überdachte „Wandelgang“. Dieser elegante Korridor, der einst die beiden Hauptgebäude verband, war zugleich der Zugang zum zentral gelegenen Kultursaal – ein Herzstück des gesamten Komplexes, das einst voller Leben war.

Doch heute bedarf es einer Menge Fantasie, um sich diese vergangene Herrlichkeit vorzustellen. Unzählige Brände haben den zentralen Teil des Komplexes vollständig zerstört und die Dachstühle an vielen Stellen schwer beschädigt. Es ist, als hätten Flammen und Zeit gemeinsam ein Meisterwerk der Zerstörung geschaffen.

Und als ob dies nicht genug wäre, ist der Vandalismus ein ständiger Begleiter dieses traurigen Ortes. An jeder Mauer und in jedem Raum sind die Spuren der Zerstörung und des Verfalls allgegenwärtig.

Die einstige Schönheit dieses Ortes liegt nun verborgen unter Schuttbergen, Schichten von Asche und Graffiti, und es bleibt nur die melancholische Erinnerung an das, was einmal war. Die verlorene Pracht ist eine stille Klage, die zwischen den Ruinen widerhallt und von einer Zeit erzählt, in der diese Mauern noch voller Leben und Geschichten waren.

Doch das Leben bzw. ein Kuraufenthalt hier am Glienberg hatte auch seine Schattenseiten. Aus persönlichen Berichten und anderen Blogartikeln erfuhr ich von schlimmen Zuständen durch schikanierende Erzieher. Es herrschte hier, Zitat: „… eine regelrechte Kasernenhofatmosphäre!“

Erst in den letzten Jahren des Sanatoriums sollen sich diese Zustände etwas gebessert haben. Das lässt vermuten, dass viele Kinder, die hier ihren Kuraufenthalt verbrachten, noch immer schlechte Erinnerungen an diese Zeit und diesen Ort haben.

Der strak beschädigte und verbrannte Wandelgang
und ein Blick in den Kultursaal

Der Eisenbahner-Waisenhort

Die Geschichte des Hauses, besser gesagt der Häuser beginnt bereits im Jahr 1875. In diesem Jahr eröffnet das Pensionat und Hotel Belvedere auf dem Zinnowitzer Glienberg.

Nach einem Inhaberwechsel im Jahr 1907 geht es 1927 in den Besitz der Milde Stiftung der Deutschen Reichsbahn über. Im Zuge der Umgestaltung entsteht am Glienberg ein Eisenbahner-Waisenhort für elternlose Kinder, was auch das am gleichen Ort befindliche Hotel Kagemann miteinbezieht.

Nach Kriegsende wird der Standort vorübergehend zu einem Seuchenkrankenhaus zur Unterbringung und Quarantäne tschechischer und polnischer Flüchtlinge.

Ab 1949 werden auf dem weitläufigen Gelände erstmals Pionierlager organisiert. Unter dem neuen Namen Kinderkurheim „Erich-Steinfurth“ wird das Haus in den 60ern dann eine feste Einrichtung des staatlichen Gesundheitswesens der DDR. Kranke Kinder aus der ganzen Republik kommt hier zum Kuraufenthalt an die Ostsee zusammen.

Die Wendejahre bedeuteten auch für das Kindersanatorium Erich Steinfurth das endgültige Aus. 1991 wurde das Heim – wie so vieles in den neuen Bundesländern – abgewickelt.

Eine ausführliche Dokumentation gibt es an dieser Stelle:

Unterm Strich

Aus architektonischer und fotografischer Sicht ist dieser Gebäudekomplex mehr als lohnenswert! Ich bin froh, dass sich mein Gefühl des „zu-spät-kommens“ nicht bestätigt hat.

Durch den über 30-jährige „Dämmerschlaf“ der Gebäude haben sie viel von ihrem einstigen Glanz verloren, und die Natur hat sich große Teile des Geländes zurückerobert. Das versperrt an manchen Stellen die Sicht auf ein gutes Motiv, macht diesen Lost Place aber nicht weniger attraktiv.

In diesem Sinne, ein erfolgreiche Photojagt …

Views: 217
Rate this post

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert