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Museumspark Rüdersdorf

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Museumspark Rüdersdorf

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Nach einer kleineren Abstinenz nutzte ich die örtliche und zeitliche Gelegenheit für eine neuen, tagesfüllenden Photo-Walk. In den letzten Tagen meiner Bulli-Tour 2023 verschlug es mich noch einmal Richtung Berlin/Brandenburg und in dieser Gegend hab ich einige Adressen bzw. Objekt auf dem Zettel, die ich noch erkunden und photographieren möchte. Eine davon ist der Museumspark Rüdersdorf.

Inhaltsverzeichnis

Rüdersdorf im Märkisch-Oderland

Das kleine Örtchen Rüdersdorf steht, damals wie heute, für den Kalksteinabbau und die Zementherstellung. Das heutige hier ansässige Kies- und Zementwerk, die CEMEX Deutschland AG, ist einer der größten Produzenten von Transportbeton, Zement und mineralischen Rohstoffen. Bereits zu Zeiten der DDR war der Standort für seinen Zement über die Landesgrenzen hinaus bekannt. 

Rüdersdorf liegt etwa 30 km östlich vom Berliner Stadtzentrum entfern und ist über den Berliner Stadtring A10 direkt erreichbar. Die Anfahrt zum Museumspark gestaltet sich recht einfach und ist ab der Autobahn recht gut ausgewiesen. Die Anreise sollte somit kein großes Problem darstellen.

Ein Blick in den Tagesbau Rüdersdorf

Vor dem Museumspark Rüdersdorf gibt es einen größeren Parkplatz (52.474451, 13.776704) der, so konnte ich feststellen, auch gern als Übernachtungsplatz genutzt wird. Ab dort geht es dann zu Fuß auf das 17 ha große Gelände weiter. Ein ausgeschilderter Rundgang mit allen interessanten Stationen führt einen einmal rund um das gesamte Areal. Im ersten Teil ergibt sich zudem mehrfach die Gelegenheit, ein Blick in den aktiven Tagebau (Werktags) zu werfen.

Auf der gesamten Tour entdeckt man Baudenkmäler aus dem 17. bis hin zum 20. Jahrhundert. Auch geführte Touren in den aktiven Tagebau wären möglich, wer denn will. Der Eintritt kostet aktuell (2023) 7 EUR, Extras kämen obendrauf.

Die besonders interessanten Motive

Photografisch interessante Motive bietet der Museumspark Rüdersdorf auf jeden Fall mit den Rundformöfen am Eingang, der Schachtofenbatterie, der Seilscheibenpfeiler sowie der Seilbahnumlenkstation. Letztere ist vollständig begehbar und bietet so auch noch mal einen ganz anderen Blickwinkel auf die Umgebung.

Der Seilscheibenpfeiler

Mit das interessanteste Motiv -meiner Meinung nach – auf dem Areal ist die ab 1874 errichtete Schachtofenbatterie. Hier finden man zahlreiche Photomotive nicht nur vom gesamten Ensemble, sondern auch von den verschiedensten Einzel- und Detailbereiche. Besonders erwähnenswert, die “Kathedrale des Kalks”, das Untere der insgesamt drei Ebenen in diesem Objekt. Hier erwies sich dann auch der heiße Tag von Vorteil, alle Motive menschenfrei vor der Linse haben zu dürfen.

Die gesamte Schachtofenbatterie

Für außergewöhnliche Formen und Strukturen biete sich die Seilbahnumlenkstation an. Die vernietete Stahlträgerkonstruktion im Stile Gustave Eiffel windet sich zwischen dem Seilscheibenpfeiler und der Schachtofenbatterie durch das Gelände. Die obere, vollständig begehbare, Etage verzückt das photographische Auge mit nostalgischer Technik und einer wunderschöne Patina. Historische Industriekultur pur!

Schwere Technik auf der Seilbahnumlenkstation

Ein Ausflug in die Geschichte

Fragt man sich, warum gerade hier so ein einzigartiges Kalksteinvorkommen entstehen konnte, so müsste man einen kleinen Ausflug in das mittlere Trias machen, so ungefähr 246 Millionen Jahren zurück. Zu dieser Zeit bedeckte ein riesiges Muschelkalk-Flachmeer, das sogenannte „Germanisches Becken“, die heutige Gegend um Mitteleuropa.

Über eine Zeitspanne von 9 Millionen Jahre bildeten sich hier fossilen Meeresablagerungen, die dann durch auflagernde Schichten zu einer Gesteinsverfestigung führten. Nebst einiger geologischer Prozesse entstand in der Folge das heute einzige Muschelkalkvorkommen an der Erdoberfläche zwischen Mitteldeutschland und Schlesien.

Die Kathedrale des Kalks

Eine erste Erwähnung über die Nutzung dieses reichhaltigen Vorkommens findet man ab dem 13. Jahrhundert. Für die hier ansässigen Zisterzienser-Mönche war der Kalksteinabbau eine wichtige Einnahmequelle. Mit dem Bau des Dominikanerklosters in Strausberg 1254 beginnt der systematische Bergbau des Rüdersdorfer Kalkstein. 1376 findet der Kalkbruch erstmal Erwähnung im Landbuch Kaiser Karl IV.

Ab 1777 leitete der erfahrene kursächsische Generalbergkommissar Friedrich Anton von Heinitz und später sein Amtsnachfolger Friedrich Wilhelm Graf v. Reden die Brüche und schufen so die Grundlage für Preußens Aufstieg zur Industrienation. In den Jahren erfolgte eine kontinuierliche Modernisierung des Kalkbrennens und des Kalksteintransportes, spezielle über die naheliegenden Wasserstraßen.

Blick von der Seilbahnumlenkstation Richtung Hafen

Im späten Mittelalter entwickelte sich auch die Doppelstadt Berlin/Cölln zu einer mächtigen Handelsmetropole. Die Stadtmauer, Kirchen und das Rathaus entstanden mit dem Kalk und den Kalksteinen aus Rüdersdorf. Bis weit in das 19. Jahrhundert gehört der Kalkstein zum Baumaterial großer Berliner Baumeister. Den Rüdersdorfer Kalkstein findet man noch heute im Brandenburger Tor, der Lindenoper, der Hedwigskathedrale, dem Berliner Dom und im Reichstagsgebäude.

Auch Schloss Sanssouci und die Garnisonkirche in Potsdam partizipierten von den Kalksteinen aus Rüdersdorf. Von hier kam auch der Zement für den Bau der späteren Reichsautobahnen. Ein Berliner Bauexperte formulierte einmal treffend: „Der Rüdersdorfer Tagebau ist der Negativabdruck der Stadt.“

Auf der Seilbahnumlenkstation

Zu DDR-Zeiten war Rüdersdorf der Staub belasteter Ort der Republik. Dies war weniger dem Kalksteinabbau, sondern mehr der anhängigen Zementherstellung geschuldet. Rund 55.000 Tonnen Staub- und Rußemissionen rieselten pro Jahr auf die Gemeinde nieder.

Die projektierte Leistung von 850 Tonnen pro Tag wurden im größten Zementwerk der DDR weit überboten. Die Entstaubungsanlage schafften es nicht, dieser Überproduktion Herr zu werden und so präsentierte sich die Landschaft um Rüdersdorf viele Jahre mit einem ewigen, weißgrauen Überzug.

Projekt Taube

Am ehemaligen Reden-Kanal auf der südlichen Seite des Tagebaues erstreckte sich ursprünglich ein geheimes, weit verzweigtes Tunnelsystem. Der erste DDR-Regierungsbunker mit dem Codenamen “Taube”. In der 200 Räumen umfassenden Anlage sollte die damaligen DDR-Funktionäre im Ernstfall agieren und überleben.

Mit der Trockenlegung des Heinitzsees 1979 und der Erweiterung des Tagesbaues wurde das Projekt Taube schließlich eingestellt. In einer streng geheimen Nacht und Nebelaktion mit Hunderten von Lastkraftwagen wurde das Objekt schlussendlich geräumt. Neue Bunker für die Staatssekretäre entstanden in der Folge in Harnekop, Prenden und anderswo.

Ofen im Inneren der Schachtofenbatterie

Virtuelle Welten

Mein frühes Aufbrechen und die Tatsache, den heißesten Tag dieser Woche erwischt zu haben, wurde mit einem fast menschenleeren Park belohnt. An der ca. 1,5 km entfernten Schachtofenbatterie dann aber doch eine kleine Gruppe von Menschen. Zuerst nahm ich dies gar nicht wahr und drehte meine Runden auf und um die Schachtofenbatterie. Auffällig waren nur die ganzen Drohnen, die ständig um mich herum schwirrten.

Auf der oberen Galerie sprach ich dann einen jungen Mann an, was es damit auf sich hätte. Die Antworten brachten mich zum Staunen. Es stellte sich heraus, dass die Gruppe ein Forschungsteam einer geologischen Abteilung der Universität war. Das eigentliche Projekt, was sie allerdings bereits am Vortag erledigt hatten, war die Kartierung der Tagesbaues via Luftaufnahmen. Aus diesen sollte dann ein realistisches 3D Modell zu Forschungszwecken realisiert werden.

Auf der oberen Ebene der Schachtofenbatterie

Die Schachtofenbatterie war das kleine Nebenprojekt im Rahmen dieser Arbeit und der Versuch, auch aus diesem alten Gebäude eine bleibende, begehbare 3D-Animation zu kreieren. Eine originalgetreue Abbildung des historischen Bauwerks, digital erhalten für die Nachwelt.

Unterm Strich…

…war es wieder einmal ein aufregender Photo-Walk und ein schöner Abschluss meiner diesjährigen Bullitour. Der heiße Tag machte sich bezahlt, ich hatte die Motive fast für mich allein. Und das in einem Museumspark am Wochenende!? Na egal, am frühen Nachmittag suchte ich mir bereits ein schön schattigen Plätzchen und sichtete die gesamte Bilderstrecke. Hat man auch nicht immer…

Quellen: Wikipedia/Blog Klaus Taubert

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