Heute hat die Sonne den Kampf gegen die tief liegenden Wolken gewonnen. Es hat sich etwas aufgeklart und das lässt mich das ganze Panorama genießen. Die ersten Tage hat es fast ausschließlich geschneit, die Bergrücken lagen tief verhangen in den Wolken und der starke Wind trieb sie durch die verschneite Berglandschaft.
Inhaltsverzeichnis
Skisaison 2020
Ich sitze bei einem Kaffee in der alt ehrwürdigen „ERLEBACHOVA BOUDA“ auf 1150m, die für die nächsten Tage mein Quartier zum Ski fahren sein wird. Die riesigen Panoramafenster des Restaurants erlauben bei klarer Sicht einen wunderbaren Blick auf Špindlerův Mlýn (Spindlermühle) und die umliegende Gegend.
Direkt vor uns erhebt sich der lange Felsgrat „Kozí hřbety“ (Ziegenrücken). Zur Rechten geht der Blick hoch auf den Medvědín, einer der vielen Skipistengebiete hier in Spindel. Dazwischen schlängelt sich der Ort, entlang des Oberlaufs der Elbe (Labe).
Ski fahren aus Leidenschaft
Sich für das Ski fahren zu begeistern, ist für einen Norddeutschen wohl er eine ungewöhnliche Freizeitbeschäftigung. Aber ich kenne es gar nicht anders. Seit meiner frühesten Jungend steh ich auf diesen Brettern. Und wenn man einmal „Blut geleckt“ hat, dann treibt es einen auch immer wieder in die Berge.
Mangels eingeschränkter Reisemöglichkeiten zu Ostzeiten beschränkte sich das Skifahren zumeist auf heimische Hügel oder eben das Riesengebirge. Vornehmlich auf Polnischer oder damals Tschechischer Seite. Und so ging es, in einer festen Regelmäßigkeit, immer in den Wintermonaten zum Ski fahren. Erst in den Mitte 90er Jahren wurde Spindel zum auserkorenen Platz der Wahl.
Auch die Suche einer Unterkunft wurde mit den Jahren etwas anspruchsvoller. In jüngeren Jahren reichte noch ein Bett für die Nacht und eine Heizung, um die Klamotten wieder trocken zu bekommen. Mittlerweile weiß ich auch einen Wellnessbereich und gute Gastronomie zu schätzen.
Ich kann mich gar nicht mehr so genau erinnern wie wir einst auf die Erlenbache Bouda gestoßen sind? Aber sie hat, was mich persönlich angeht, einen guten und bleibenden Eindruck hinterlassen. Somit war und wird sie auch für die nächsten Jahre mein Domizil in Spindlermühlen bleiben.
Von einer kleinen Sommerbaude zum urigen Ski Resort
Bereits im Jahre 1784 errichtete Ignaz Hollmann die erste Sommerbaude unterhalb des „Malý Šišák“ (1440m). In den 1880er Jahren von Franz Erlebach gekauft, entwickelte sich die Boude über die Jahre, mit einigen Höhen und Tiefen, zu einem modernen Ski Resort, was sich in keinster Weise vor anderen Hotels oder Anlagen verstecken muss.
Ab Mitte der 2000er Jahre hat sich viel in Richtung Optik und Komfort getan. Ich hab die Baude noch vor dieser Zeit kennengelernt und konnte so über die Jahre alle Fortschritte fast live miterleben. Die gravierendste Umbauten erlebt die Erlebachbaude selbst.
Zum gesamten Komplex gehören, neben Ihr, aber noch mehrere Apartment Häuser und die Josefovabaude. Dies bietet neben reichlich Betten auch eine durchwachsene Preisstruktur, was es fast jedem Geldbeutel erlaub, hier Urlaub zu machen.
Mit dem Umbauarbeiten am Hotel selbst zog auch hier ein “gewisser Standard” ein. Trotz der ganzen Modernisierungen und Erweiterungen bewahrt sich das Haus seinen ureigene und gemütlichen Charme, so wie ich es aus früheren Jahren kenne.
Die Inhaber und Architekten sind sichtlich bemüht, den ursprünglichen Charakter der Baude zu bewahren, was mir persönlich sehr gefällt.
Es wird nicht versucht, das Haus auf Modern zu trimmen. Alles behält seinen rustikale Stil, ob es die Zimmer sind oder das Restaurant. Harmonisch wechseln sich kristalline Schieferwände mit naturbelassenem Holzflächen ab. Das schafft eine ganz eigene und urige Atmosphäre.
Was mich am meisten freut, ist das neue Schwimmbad mit Sauna und Massagebereich. Ein mittlerweile unverzichtbarer Service nach einem Tag auf der Piste.
28 km Skipisten bis 1500m
28km Skipisten mag für jemanden der Areale in Österreich oder Südtirol kennt nicht unbedingt viel sein. Es ist aber vollkommend ausreichend und man kommt voll auf seine Kosten.
Anfängern würde ich sowieso empfehlen, sich erst einmal auf diesen (kleineren) Pisten mit dem Ski fahren und der Materie anzufreunden, bevor man versucht Drei- bis Viertausender Berge zu bezwingen.
Mittlerweile stehen die Pisten und Skiarealen österreichischen Skigebieten in keinster Weise mehr nach. Die Infrastruktur ist nahtlos ausgebaut, ein kostenloser Ski Bus versorgt von morgens bis abends die Pisten mit Skiläufern.
Auf den Pisten findet man alle erdenklichen Lifte, vom Sechssitzer mit Windschutz bis zum einfachen Tellerlift, entsprechend den Erfordernissen der jeweiligen Piste. Das macht die Wartezeiten kurz und überschaubar.
Die Pistenstruktur kann sich nun ein Skigebiet nicht aussuchen, dies ergibt sich allein aus der Geografie. Dennoch bieten alle drei großen Hänge, „Medvědín“, „Stoh“ und „Svatý Petr“, Pisten mit den unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden.
Blaue und rote Pisten sind vorrangig aber auch für den gehobenen Anspruch finden sich ein paar schwarze Pisten dabei.
Auch wenn es nicht meine Wintersportart ist, aber das Skiwander- oder Langlaufnetz ist hier auch sehr gut ausgebaut und ausgeschildert. Also wer mehr in diese Richtung tendiert ist hier auf jeden Fall auch sehr gut aufgehoben.
Kleiner Exkurs zu den Schwierigkeitsgrade einer Abfahrtspiste:
Der sogenannte „Idiotenhügel“, meistens auch als Grüne Piste markiert
Pisten in dieser Kategorie sind meistens sehr flache Abhänge. Ein Gefälle von 6 bis 25 Prozent in etwa sind hier normal. Besonders geeignet für die ersten Skiversuche, ob von alt oder jung. Manchmal als eigenständige Piste angelegt, ergeben sie sich aber auch im Auslauf großer Pisten. Hier in Spindel z. Bsp. die Abfahrt vom „Medvědín“ in Richtung „Horn Misecky“
Blaue Pisten
Die blaue Pistenmarkierung bezeichnet eine Skipiste, die auch scherzhaft als Skiautobahn bezeichnet wird. Mit einem Gefälle bis zu 25 Prozent ist dieser Pistentyp gut geeignet für Anfänger, Wiedereinsteiger und Familien mit Kindern.
Rote Pisten
Rote Pistenmarkierungen zeigen in den Skigebieten einen mittleren Schwierigkeitsgrad an. Das Gefälle ist geringer als 40 Prozent. Die rote Piste ist damit für Anfänger bereits bedenklich oder nicht mehr geeignet und wird von fortgeschrittenen Fahrern oft benutzt, um ihre Skitechnik zu verbessern oder um sich auf noch steilere Pisten vorzubereiten.
Schwarze Pisten (ich kenn Sie auch unter dem Namen Huggelpiste)
Schwarze Pisten sind den Profis vorbehalten. Anfänger bringen sich auf dem Gefälle von mehr als 40 Prozent ernsthaft in Gefahr. Hier sollte nur fahren, wer den Kurzschwung beherrscht.
Beim Carving auf der schwarzen Piste gibt es schnell Probleme mit der Fliehkraft. Auch die jeweiligen Schneeverhältnisse machen diese Pisten unter Umständen besonders anspruchsvoll.
Skipass und Co
Neben der Unterkunft ist der Skipass bekanntlich der nächst größere Budgetposten beim Ski fahren. Dieses Jahr (2020) lag die Eintageskarte bei 1190 Kč, das entspricht knapp 48 EUR und ist die teuerste Variante.
Es gibt eine Preisstaffel nach unten, je mehr Tage man am Stück kauft. Also, wer rein zum Skifahren kommt, sollte gleich für alle Tage kaufen. Den Pass gibt es an jeder Liftstation und er ist für das gesamte Gebiet gültig.
Eine zweite Variante, die sich seit ein paar Jahren etabliert, ist der GoPass. Ähnlich dem Prinzip bei Flugtickets, wer rechtzeitig kauft bekommt auch einen guten Preis.
Das System berechnet anhand verschiedener Faktoren (Saison, Wetter, etc.) verschieden Preisniveaus. Das schafft gut und gerne mal um die 100 bis 200 Kč zu sparen.
Der GoPass ist noch nicht allzu weit verbreitet, derzeit beschränkt er sich auf einige Orte in Tschechien, der Slowakei und Polen. Aber ich denke mal, dass wird die Zukunft sein.
Die Handhabe ist recht einfach. Einfach auf www.gopass.cz anmelden und die Skipässe vorab kaufen. Vor Ort an den Liftstationen gibt es Terminals, an denen man seinen Pass dann einlösen kann.
Über die Jahre habe ich es mir angewöhnt, vorab meine Ski in den Service zu geben. Nach einem Jahr im Keller verlangen sie förmlich nach einer neuen Wachsschicht. Ich kann mich noch recht gut erinnern, früher haben wir das ganze Wachsgelumpe einstecken gehab und abends in der Baude mit Kerze und Bügeleisen die Ski gewachst.
Muss man sich eigentlich nicht mehr antun. An jeder Liftstation befinden sich Skiverleiher die dies mit übernehmen. Das reine Einstellen der Bindungen auf das aktuelle Gewicht passiert kostenlos, für eine neue Schicht Wachs schlagen 99 Kč zu buche.
Da ich meine eigene Ausrüstung habe komme ich mit Verleih-Gebühren wenig in Berührung. Aber es gibt unzählige Stationen vor Ort, die meisten haben auch eine Internetseite auf der man sich informieren und vorab bestellen kann.
Es muss nicht nur Ski fahren sein
So banal eine Schlittenfahrt auch klingen mag aber diese hier ist was Besonderes! Mehr unscheinbar, etwa 200m vom Hotel entfernt befindet sich ein kleiner Idiotenhügel und gleichzeitig der Startpunkt für eine aufregende Schlittenfahrt. An der Liftstation mietet man sich einen Schlitten samt Rückfahrt mit dem Ski Bus.
Und dann geht es ab mit dem Schlitten, 3 km runter bis fast nach Spindler. Dabei werden knapp 400 Höhenmeter bewältigt was Stellenweise nicht ohne ist. Die Auffahrt zum Hotel oder eben dem Startpunkt der Schlittentour schlängelt sich mühselig über eine langgezogene Serpentinenstraße nach oben.
Die Schlittenbahn folgt dagegen dem Prinzip: „Die kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten ist eine Gerade“. es geht geradewegs durch den Wald nach unten.
Die Bahn endet, kurz vor Spindler, an einer Busstation mit einem Kiosk. Hier werden die Schlitten abgestellt und im Stundentakt bringt ein Bus die Leute wieder nach oben.
Das ganze Spiel kann man mehrmals machen und wer Lust drauf hat auch zu später Stunde unter „Flutlicht“, was nochmal sein ganz persönlichen Reiz hat. Auf jeden Fall ein Erlebnis der besonderen Art für Jung und Alt.
Die Böhmische Küche
In den Urlaub zu fahren hat auch immer was mit Entdeckung zu tun. Sei es nun um Land und Leute kennen zu lernen oder eben in kulinarischer Hinsicht. Und wenn man schon mal in der Gegend ist, sollte man auf jeden Fall die böhmische Küche probieren.
Es dominieren zumeist deftige Fleischgerichte wie Gulasch oder Bratenvarianten die Speisekarte. Als Beilagen werden meistens die böhmischen Knödel oder Püree gereicht.
Gemüsebeilagen sind dagegen recht selten zu finden, wenn doch, dann beschränkt sich das auf verschieden Krautvariationen. Geschmacklich ist die böhmische Küche mit vielen Knoblauch- und Kümmelaromen durchzogen. Diese Kombination lernt man lieben oder auch nicht.
Ich habe sie schon vor Jahren lieben gelernt und ich freue mich jedes Jahr darauf. Bekanntlich erwiese ist ja auch die Tatsache, dass Gerichte und Speisen am Urlaubsort ganz anders schmecken als am heimischen Herd. Von daher genieße ich einfach dies kulinarische Zeit hier unten in allen Zügen.
Unter dem Strich
Wer grundlegend einmal mit dem Gedanken spielt in den Schnee zu fahren oder etwas auf den Geldbeutel achten muss, dann ist Böhmen die erste Wahl zum Ski fahren. Auch wenn sich das Preisniveau über die Jahre angepasst hat, so ist es im Verhältnis zu Skigebieten in Österreich oder Südtirol doch immer noch vergleichsweise günstiger. Die Anreise, auch aus Norddeutschland, schafft man locker an einem Tag ohne großen Stress einer Nachtfahrt.
Wer sich auf das Abenteuer einlässt, wird belohnt mit einer herzlichen Gastfreundschaft und einem urigen Charme. Von einer sehenswerten Berglandschaft und viel unberührter Natur ganz zu schweigen.