Ein immer wieder interessantes Ausflugsziel für atemberaubende Photostrecken ist die Insel Usedom. Ich mag die Insel sehr, liegt sie doch quasi gleich vor meiner Haustür. Knapp eine Stunde mit dem Auto ist heutzutage keine Herausforderung mehr.
Von da her nutze ich öfter mal die Gelegenheit, ihr einen Besuch abzustatten. Dabei gehört die Kameraausrüstung immer ins Gepäck, denn man weiß nicht, was einem alles so unverhofft vor die Linse kommt.
Inhaltsverzeichnis
Generationen
In vielen Fällen sieht man etwas aus dem Augenwinkel und entscheidet spontan zu stoppen, um der Sache nachzugehen. So auch bei diesem Friedhof in der Nähe von Zirchow. Auf den ersten Blick war erst einmal nichts Besonderes auszumachen.
Ich streifte eine Weile auf dem Gelände herum bis ich auf den interessanteren Teil dieser Ruhestätte traf. Hinter dicht verwachsenen Hecken offenbarte sich noch ein zweiter, älterer Teil. Die Hecke war wie eine „Zeitbrücke“, zurück in das 19te Jahrhundert.
Aus den klassischen Marmorsteinen des vorderen Teils wurden eiserne Kreuze, die auch noch nach 100 Jahren der Witterung trotzen. Einige Gräber waren zusätzlich gesäumt von metallischen Zäunen.
Die Wege waren kaum noch auszumachen und an vielen Stellen überwucherten Ranken die Liegestätten. Das alles wirkte wie eine düstere Kulisse aus einem Tim Burton Film.
Da lag ich mit meiner Intuition wieder mal richtig und dieser kleine Abstecher bescherte mir einige erstklassige Photomotive.
Solchen spontanen Impulsen sollte man deutlich öfter nachgehen, vor allem wenn man auf einer Phototour ist. Man weiß nie, was man dabei alles entdecken kann!
Flughafen Heringsdorf
Mein eigentliches Ziel für diesen Ausflug war aber der Regionalflughafen Heringsdorf. Er ist einer der ältesten deutschen Luftzielorte. Neben dem Flughafen Leipzig-Moskau galt er als der zweitälteste Flughafen auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik (DDR).
Aus rein photografischer Sicht stand weniger der jetzige Flugplatz im Focus. Von einer alten Freundin, die auf der Insel wohnhaft war, erfuhr ich, dass am Rande des Flugfeldes noch viel Sehenswertes aus der alten Zeit wäre. Diese Erkenntnis weckte die Lust für eine Urbex-Tour auf das Gelände.
Die Geschichte des Flugfeldes Garz
Neben der Photoausbeute interessiert mich auch immer der geschichtliche Hintergrund derartiger Anlagen. Wie vielen meine anderen Touren hatte auch diese eine interessante Vorgeschichte zu bieten.
Der damalige Exerzierplatz der Garnison Swinemünde wurde bereits 1911 vom kaiserlichen Heer angeflogen. Die eigentliche Geschichte des Flugplatzes begann um 1919 als „Landflugplatz Swinemünde“.
Die hier ansässige Sablatnig-Flugzeugbau GmbH baute das Flugfeld nach dem Ersten Weltkrieg aus. In der Folgezeit wurde der Platz bereits als Passagierflughafen genutzt. In den 1930er Jahren trainierten hier zudem auch noch Segelflieger.
1935–1945
Die Luftwaffe der Wehrmacht baute den Flugplatz ab 1935 zum Fliegerhorst Garz aus. Darauf folgte 1936 die Stationierung der Küstenjagdstaffel 3/136 mit Flugzeugen vom Typ Heinkel He 51.
Ab 1937 wurden die Einheiten durch Jagdflugzeuge vom Typ Messerschmitt Bf 109 und Bf 110 erweitert. Zusätzlich wurde in Richtung Kamminke eigens ein Schießplatz zu Übungszwecken angelegt.
In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges wurde auch noch einmal das Rollfeld weiter ausgebaut, um den Langstreckenbomber He 177 aufnehmen zu können. Ohne großen Einfluss auf das Kriegsende wurde der Flugplatz Anfang 1945 geräumt.
Der Besetzung durch die Rote Armee im Mai 1945 ging ein massiver Luftangriff des Umlandes voraus. Das Flugfeld selbst wurde dabei nicht beschädigt.
Nach dem Krieg
Und das aus gutem Grund! Wie in vielen Anlagen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR besetzte auch hier die Rote Armee das Gelände nach dem Krieg.
Neben dem 12. und 314. Jagdfliegerregiment fanden auch der Stab der 601. Schlachtfliegerdivision sowie Panzertruppen der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland hier einen festen Standort für die nächsten Jahre.
In den 1960ern nutzte die Nationale Volksarmee den westlichen Teil des Geländes für das Transportflieger-Ausbildungsgeschwader 14.
Ab 1962 diente das Areal als Ausweichflugplatz für verschiedene Verbände der Luftstreitkräfte der DDR.
Zudem wurde im selben Jahr ein Teil des Flugplatzes zur zivilen Nutzung durch die DDR-Fluggesellschaft Interflug umgebaut. Es folgten weitere Umbauten der Rollbahn, um auch größere und schwerere Maschinen eine Landung zu ermöglichen.
Mit Fertigstellung eines neuen Abfertigungsgebäudes begann ab 1973 der Saisonflugverkehr der Interflug mit Flugverbindungen nach Berlin, Dresden, Erfurt und Leipzig.
Sechs Jahre später stellte die „Interflug“ den regulären Inlandsflugbetrieb von und nach Heringsdorf jedoch wieder ein.
Bereits 1980 wurden die Panzertruppen der GSSD abgezogen, 1992 dann auch die noch verbliebene Pionierabteilung. Die militärische Nutzung des Flugplatzes endete mit der Auflösung der NVA.
Südlich vom Zaun
Den ortskundigen Tipps meiner Freundin folgend erkundete ich das Gelände südlich des jetzigen Flugfeldes. Ausgangspunkt war aber erst einmal der Besuch im „Hangar 10“.
Eine Erlebniswelt für Flugtechnik. Unabhängig ob man auf eine Phototour in diese Gegend unterwegs ist, der Besuch dieser Ausstellung ist immer ein lohnenswerter Stopp auf der Insel.
In der näheren Umgebung fand ich bereits die ersten verlassenen Gebäude. Ein langer wohnhausartig Komplex, der früher als Kasernenunterkunft und später dem hier angesiedelten Behinderungswerk diente, aus photografischer Sicht allerdings völlig unattraktiv war.
Weiter ging es entlang am Zaun zum heutigen Flughafen Heringsdorf. Etwas abseits stieß ich auf einen alten Tower mit angrenzender Flughalle.
Das war dann schon mehr nach meinem Geschmack. Massive Stahlbetonplatten verschlossen den Zugang zur Halle, somit hatte die Begehung mehr was von einer „Bergwanderung“.
Im weiteren Verlauf folgten dann mehrere, einzeln stehende Villen. Wahrscheinlich ehemalige Offiziersunterkünfte oder ähnliches. Aus Urbex Sicht aber sehr sehenswerte Objekte. Eine Begehung war teilweise möglich, aber an verschiedenen Stellen eroberte sich bereits die Natur ihr Gebiet zurück.
Unterm Strich …
… eine erstklassige und sehenswerte Tour. Die Photoausbeute war nicht ganz so hoch wie in den Heilstätten. Aber das ist auch nicht immer das wichtigste bei solchen Ausflügen.
Vor dem geschichtlichen Hintergrund aber eine interessante kleine „Zeitreise“ in die jüngere Vergangenheit.
Zahn
10. März 2024 @ 20:32
Hast du echt sehr gut geschrieben Wann warst du dort.Sind oft bei Lost Place unterwegs, leider haben wir den Tower nicht gefunden und die alten Häuser auch nicht. Vielleicht wurde es alles überbaut Vielleicht kannst du mir den Standort markieren Danke Würde dir auf Usedom auch einiges schicken können Danke und schönen Sonntag noch
Zahn
10. März 2024 @ 20:33
Sehr interessant
Zahn
10. März 2024 @ 20:34
Beitrag war sehr interessant