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Landesirrenanstalt Domjüch Neustrelitz

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Landesirrenanstalt Domjüch Neustrelitz

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Hinweis: Werbung, unbeauftragt! Bei diesem Text handelt es sich um einen redaktionellen Beitrag, der unbeabsichtigt durchaus eine werbende Wirkung haben könnte, ohne dass ich von irgendeinem Unternehmen dafür beauftragt wurde!

Auf ein wirklich interessantes und zudem geschichtsträchtiges Objekt stieß ich mal wieder mehr durch einen Zufall. Mit einem befreundeten Fotografen planten wir ein Shootingtag auf der Domjüch, nahe Neustrelitz. Er kannte das Objekt aus frühen Terminen und lobte es als einen sehr inspirierenden Ort. Was wirklich hinter der “Domjüch” steckte, wurde mir erst Tage später klar.

Die Landesirrenanstalt Domjüch Neustrelitz

Aber zuerst ging es zu unserem eigentlichen Shootingtermin. Der Weg führte uns wieder raus aus Neustrelitz, Richtung Dabelow. Etwas unscheinbar kam nach ein paar Kilometern die Abfahrt zum eigentlichen Anstaltsgelände. Was auch nicht ungewöhnlich war, den solche Anlagen wurden bevorzugt abseits der Städte im “Grünen” errichtet. 

Eines der acht Anstaltsgebäude

Kurz darauf offenbar sich die ehemalige Irrenanstalt auf einer großflächigen Lichtung. Die “geschichtsträchtige Romantik” des Standorts zerstörte dann mal eben das riesige, gleich nebenan liegende, Solarfeld. Ein Umstand, mit dem man leben muss, leider. Trotz allem nutzen wir den Tag intensiv für unser geplantes Shooting. Da blieb wenig Zeit das Gelände zu erkunden, was mich letztlich zu dem Schluss brachte, noch einmal zurückzukehren.

Vom Residenzschloss zur Landesirrenanstalt

Begeistert von den ersten Eindrücken machte ich mich an die Recherchen und dabei offenbarte das Internet eine bewegte Geschichte. Das Gelände am Domjüchsee war bereits im 1800ten Jahrhundert Sitz des Residenzschlosses von Strelitz, was dann um 1712 abgebrannt ist. Um das Jahr 1805 erfolgte dann der Aufbau des Altstrelitzer Gefängnises als – Landarbeits- auch Zucht- und Irrenhauses.

Folgt man dem geschichtlichen Werdegang, war die gemeinsame Unterbringung Strafgefangener und psychisch Kranker wohl aber nicht die allerbeste Idee. Eine Untersuchungskommission schlug daher 1896 den Neubau einer Irrenanstalt und die weitere Nutzung der vorhandenen Bausubstanz als Landarbeits- und Landarmenhaus, Zuchthaus und Gefängnis vor. Als Vorbild für den Neubau diente die im selben Jahr (1896) eingeweihte Irrenanstalt Gehlsheim in Gehlsdorf bei Rostock.

Der Neubau beginnt

Die Bauarbeiten der, unter „Großherzoglicher Direktion“ stehende , Mecklenburg-Strelitz’sche Landesirrenanstalt begannen dann am 1. März 1899 und zogen sich bis in das Jahr 1902. Bereits im August des selben Jahres (1902) folgte der Umzug von ca. 130 Patienten in die fertiggestellte Einrichtung.

Kleines Bad oder Tauchbecken

In den folgenden Wirren des Ersten Weltkrieges sank die Zahl der zu behandelnden Patienten wieder fast um die Hälfte – im Vergleich zum Vorkriegsniveau. Die frei gewordenen Kapazitäten wurden bis 1927 als Landessäuglings- und Landeskinderheim weiter genutzt.

Die Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945)

In dieser Zeit durchläuft die Landesirrenanstalt die dunkelste Phase ihres Darseins. Ab 1939 begann eine massive Patientenverlegung durch die angeordnete Fremdnutzung der Heil- und Pflegeanstalt Gehlsheim. Und, die Anzahl der Verlegungen häuften sich drastisch bis in das Jahr 1943 und diente teilweise nur als Zwischenstation zum Weitertransport zur Heil- und Pflegeanstalt Sachsenberg. Die gesamte Maßnahmen lief unter dem Namen “Aktion T4”, die später auch als die Krankenmorde der NS-Zeit bekannt wurde.

War mal sowas wie ein “Kühlschrank”!?

Eine systematische Ermordung von Menschen mit einer körperlichen, geistigen und seelischen Behinderung, der bis Kriegsende über 200.000 Menschen zu Opfer fielen. Dabei fungierte einmal mehr die Domjüch als Zwischenstation auf dem Weg in, die für Mecklenburg zuständige, NS-Tötungsanstalt Bernburg.

Eingang zu einem Nebengebäude

Kurzzeitig, ab Anfang 1943, fungierte die Domjüch auch als Tuberkuloseheilstätte. Die verbliebenen psychisch Kranken wurden teils nach Gehlsheim oder Sachsenberg verlegt.

Die Zeit nach 1945

Nach Kriegsende besetzt die Rote Armee das Gelände. Bis einschließlich 1993 wurde die gesamte Fläche der Domjüch militärisch von den Sowjetischen Streitkräften genutzt. Es kam auch zu einigen Erweiterungs- und Neubauten an Gebäuden für das hier stationierte 66. Garde Fla Raketenregiment, die nach Abzug der Truppen aber wieder abgerissen wurden. Die ursprünglichen Anstaltsgebäude blieben über die Zeit unberührt.

Die gute russische “Ideal-Standart-Tapete”

Die architektonische Planung

Das photographisch interessante bei derart Ausflügen ist immer wieder die Architektur, sei sie nun intakt oder bereits dem Verfall ausgesetzt. Eine Großzahl der medizinisch genutzten Anlagen der Jahrhundertwende wurde in einem – zur damaligen Zeit üblichen –  Villen- oder Pavillonstil errichtet. Dies war auf der Domjüch nicht anders. Die gesamte Gebäudeplanung übernahm damals der Baumeister Otto Witzeck. Auch verzichtet man bei der Planung auf hohe Mauern, Gitter und Eisentore. Zu den Gebäuden gesellte sich eine gestaltete Park- und Gartenlandschaft, konzipiert vom Ökonomierat Schulz aus Neubrandenburg. 

Das Heizhaus

Neben einer Kapelle und einem Friedhof verfügte die Anlage zudem über ein moderne Wasser- und Stromversorgung sowie Zentralheizung, für die damalige Zeit eine vorbildliche medizinische Behandlungsstätte.

Einer der alten Heizkessel

Ein zweiter Besuch

Neben unserem ursprünglichen Shootingtermin nutze ich kurz darauf eine weitere Gelegenheit das Gelände näher zu erkunden. Bei unserem ersten Termin hatten wir uns ja nur auf ein, zwei Räume beschränkt. Jetzt, mit der passenden Ausrüstung sollte es in die Gebäude und auf das gesamte Gelände gehen.

Auf einem der lange Flure…

Auch wenn das gesamte Areal bereits in liebevoller Pflege und im Wiederaufbau ist, fand ich doch einige meiner bevorzugten Motive. Als wirklicher Lost Place wird die ehemalige Landesirrenanstalt Domjüch Neustrelitz wohl nicht mehr durchgehen, dennoch ist es eine sehenswerter Komplex und nicht zuletzt ein Teil unserer Geschichte.

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