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Wabi-sabi und Photographie – wie passt das denn?

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Wabi-sabi und Photographie – wie passt das denn?

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Ich wurde in der Vergangenheit des Öfteren gefragt, warum ich genau das photographiere, was ich photographiere. Das ist nun auch nicht gerade eine Frage, auf die man mit Ja oder Nein antworten kann. Über das „Warum“ muss ich sowieso weiter ausholen, daher mal dieser kleine Beitrag. Da hab ich dann auch was am Start, auf das ich nach einer Kurzerläuterung – die mit größter Wahrscheinlich wieder neue Fragen produziert –  verweisen kann. 😉

Ein grundlegender Gedanke, wenn wir über ein photographisches Sujet reden, ist die Tatsache, dass dies ein, mehr oder weniger, längerfristiger Prozess ist. Sowas entwickelt sich über die Jahre, je länger man dem nachgeht. Ich habe noch von keinem gehört, dass er sich eine Kamera gekauft hat und genau wusste, worauf er mit ihr losgeht.

Berge von Photographien …

Wenn man sich ernsthaft mit der Photographie befassen möchte, starte man in den meisten Fällen mit etwas Banalem. Schon aus dem einfachen Grund, sich mit der neuen Technik vertraut zu machen. Und das war bei mir auch nicht anders.

Meine erste Spiegelreflexkamera hab ich seinerzeit überall mit hingeschleppt und alles photographiert, was nicht bei drei auf dem Baum war. Und dann hockst du erst mal zu Hause vor einem riesigen Berg von Photos und überlegst, warum du das alles photographiert hast.

Wabi-sabi - einfache schlichte Objekte auf dem Boden
Stiller Zeitzeuge ein längs vergessenen Ära

Dann kommt die Phase des Vergleichens, man schaut sich bei andere Leute an, was die so photographieren. Durchforstet emsig Foren und unzählige Galerien und es kristallisieren sich mit der Zeit gewisse Favoriten raus. Wo du dir dann sagst „… geiles Motiv!“, muss ich auch mal probieren. Und genau dieser Prozess verfeinert sich über die Jahre immer weiter.

Bei mir lief es allerdings etwas verkehrt, denn ich hab mich schon nach kurzer Zeit der „Königsklasse“ zugewandt. Die Königsklasse ist die People-Photographie und die verlangt natürlich ein ganz anderes Verständnis von Technik und Motiv. Aber bekanntlich wächst man ja an den Herausforderungen. Zum damaligen Zeitpunkt wollte ich dies unbedingt machen und hab mich in die Sache eingearbeitet.

Es hat eine ganze Weile gedauert und ich habe auch reichlich Lehrgeld bezahlt. Neben dem ganzen technischen Aspekt kommt bei der People-Photographie auch der Umgang mit Menschen und natürlich die Suche nach geeigneten Modellen zu tragen. Ein Gedankengang, den ich anfangs noch gar nicht so recht auf dem Schirm hatte.

Mein zweites bevorzugtes Sujet in der Photographie, das sogenannte „Urban Exploration“ kam erst viel später auf. Neben den Modellen hab ich auch immer mal die Kamera auf Reisen oder bei Trekking-Touren dabei gehabt. Hintergrund war dann aber mehr das klassische „Erinnerungsphoto“ vom Trip. Der wirkliche Einstieg in das UrbanEx begann mit meiner ersten Beelitz-Tour.

Wabi-sabi - unvollkommenen alte zerbrochenen Keramikteile

Aber die Frage eingangs war ja, warum nun gerade dieses Sujet? Und dafür muss ich den doch noch mal etwas weiter ausholen. Denn wie ja oben schon mal bemerkte, entwickeln sich viele Sachen erst im Laufe der Zeit und die Entwicklung wird von den unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst. Unter anderem spielen dabei auch künstlerische und philosophische Einflüsse eine Rolle.

Wabi-sabi – unperfekt schön

Eine wohl entscheidender Einfluss bei mir kommt aus der japanischen Ästhetik. Schon früh habe ich Antworten nicht nur in den westlichen Geisteswissenschaften gesucht, sondern auch in asiatischen Konzepten und Theorien. Nochmals intensiviert hat sich dies in den letzten Jahren als ich auf meinen neuen Beruf umgesattelt haben.

Neben philosophischen Fragen kamen auch vermehrt ästhetischen Ideale dieses Kulturkreises zu tragen. Und ich finde in vielen dieser Ansätze deutlich mehr Antworten als in den abendländischen Traditionen. Neben „Shibusa“, „Yohaku-no-bi“, „Iki“ ist dies auch das „Wabi-sabi“. Grob umschrieben bezeichnet Wabi-sabi eine Ästhetik des Unperfekten, das sich durch Asymmetrie, Rauheit, Unregelmäßigkeit, Einfachheit und Sparsamkeit auszeichnet.

Letztlich entstand diese Vorliebe auch aus meinem ersten Beruf. Wenn man mit Holz arbeitet, bemerkt man recht schnell, dass dies eben ein nicht perfekter und unregelmäßiger Werkstoff ist, anders als beispielsweise bei Metall. Über die Zeit hat dies ein neues, anderes Bild entstehen lassen, wie ich heute gewisse Sachen und Dinge betrachte und wertschätze. Es ermöglicht mir ein Blick auf die Schönheit der einfachen Dinge und der Natur. Und diesen suche ich auch immer, wenn ich mit der Kamera unterwegs bin.

Ein zweiter, nicht unerheblicher Grund ist meine Vorliebe für Geschichte. Mich interessieren die Geschichten und Fakten hinter dem Motiv. Den erst diese machen ein altes Gebäude oder einen Landstrich zu etwas Besonderem und verleihen dem Bild einen tieferen Sinn.

Vor diesem Hintergrund suche ich mir derzeit gezielt meine Phototouren und Motive, spezielle im Bereich UrbanEx.  Somit sind derart Touren auch kein reines Outdoor Vergnügen mehr, sondern auch immer eine Möglichkeit, die Welt um uns herum auf eine neue, spannende Art zu entdecken und mit anderen Augen zu betrachten. 

Buchempfehlung*

Wer sich mit der Philosophie um „Wabi-sabi“ näher auseinandersetzen möchte, dem kann ich dieses kleine Buch als Einstieg an Herz legen. „Wabi-sabi für Künstler, Architekten und Designer“ aus dem Wasmut-Verlag. Das Buch ist eine Übersetzung aus dem englischen Originaltext von Leonard Koren.

Der Autor konstruiert in diesem Band eine – für westliche Kreise –  verständliche Bild vom Wabi-sabi. Er nähert sich dem Thema mit einer historischen Betrachtung und taucht dann tiefer in das Wabi-sabi Universum ein.

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Hinweis: Dieser Beitrag enthält Werbelinks, gezeichnet mit einem (*).

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