„Für alles gibt es eine bestimmte Stunde. Und für jedes Vorhaben unter dem Himmel gibt es eine Zeit.“
Salomon
So formulierte es König Salomon einmal in seiner Betrachtung der Dinge. Im Nachhinein gesehen traf dies wohl auch für meinen Besuch in der Heilanstalt Hohenlychen zu.
Bei einer Überlandtour Richtung Berlin bin ich mal nicht die gute B96 gefahren, sondern hab mit Zwischenstopp in Templin eine andere Route gewählt. Und eben diese führt auch durch Lychen, die Flößerstadt. Da ist erst mal nichts Weltbewegendes dabei, wenn man nicht gerade mit dem Kajak unterwegs ist.
Inhaltsverzeichnis
Der Zufallsfund
Am Ortsausgang bemerkte ich im Augenwinkel, mehr in zweiter oder dritte Linie hinter den Straßenhäusern gelegen, einen etwas runter gekommenen Fachwerkbau.
Dies schien ein interessantes Objekt für Photoaufnahmen zu sein, und so beschloss ich auf der Rücktour einen Zwischenstopp einzulegen und mit das Gebäude näher anzuschauen.
Gesagt, getan, am frühen Nachmittag war ich wieder in Lychen und suchte einen Weg zu dem erspähten Gebäude. Und zu meinem Erstaunen offenbarte sich eine ganze Anlage vor mir, erst einmal nichts ahnend, worauf ich da durch Zufall gestoßen war.
Ein größeres umzäuntes Gelände mit mehreren Gebäudekomplexen, einer Art Schwimmhalle und weiteren Nebengebäuden.
Ganz fasziniert spazierte ich am Zaun entlang und versuchte einige Aufnahmen zu machen. Am Ende der Straße stieß ich dann auch auf eine Steintafel, die mir verriet, was ich hier vor mir hatte.
Die Heilanstalt Hohenlychen
Wie auch die anderen großen Heilstätten in Beelitz und am Grabowsee bei Oranienburg entstand auch diese Heilanstalt aufgrund der wütenden Tuberkulose im alten Kaiserreich.
1902 erwarb der Mediziner und Generalsekretär des „Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose“, Gotthold Pannwitz mehrere Morgen Land in Lychen und errichtete die Heilanstalt Hohenlychen als Volksheilstätte der Roten Kreuzes.
Pannwitz vertrat ein ganzheitliches Konzept zur Bekämpfung der Tuberkulose. Nicht nur die Heilung sollte im Sanatorium erfolgen, sondern auch eine Vorbereitung auf ein Leben nach der Krankheit.
Dieser Ansatz floss in die Planung der Heilanstalt Hohenlychen mit ein und so entstanden auf dem weiträumigen Gelände neben dem Sanatorium auch eine Gartenbauschule, eine Haushaltsschule sowie eine Badeanstalt.
Anfangs wurden versuchsweise 30 Betten aufgestellt, doch bereits wenige Jahre später stieg die Zahl auf 500 Betten an. Zusätzlich entstand auf dem Gelände auch noch ein Frauensanatorium.
1904 erfolgte neben dem Gelände der Bau der Helenenkapelle durch die Stiftung von Venn. Im Ersten Weltkrieg wurde auch Hohenlychen, wie auch die anderen Sanatorien, vorübergehend zum Lazarett.
Die Zeit der Nationalsozialismus
Ab 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die gesamte Heilanstalt Hohenlychen und ab 1935 wurde Karl Gebhardt der führende Leiter.
Zu der Zeit sank die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen, sodass in der Folge die Schwerpunkte der Klinik auf Sport- und Arbeitsschäden verlegt wurde.
Dem schloss sich auch noch eine Abteilung der Wiederherstellungschirurgie an. In den Folgejahren wurde die Heilanstalt auch Reichssportsanatorium.
Sehr schnell entdeckten auch die Funktionäre der NSDAP den Erholungswert der Anlage und besuchten diese regelmäßig. Neben zahlreichen Nazigrößen sowie nationalen und internationalen Gästen waren H. Himmler und R. Heß Dauergäste der Heilanstalt Hohenlychen.
Neben den Behandlungen wurden auch Vorträge vor allem für ärztliche Eliten abgehalten. Die Heilanstalten erreichten Weltruf im Bereich der Meniskusschäden und zur Rehabilitation von Unfallverletzten, die zu einem weiteren Spezialgebiet wurde.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die Heilanstalt zum Kriegslazarett. Während der Kriegsjahre wurde Karl Gebhardt die Erprobungsversuche der Sulfonamidwirkung, als eine mögliche Behandlung gegen Wundinfektionen, übertragen.
Aus Zeitgründen wurden sofort am Menschen Versuche unternommen. Das KZ Ravensbrück stellte dabei eine Versuchsgruppe von 36 Frauen, denen Bakterien in die Oberschenkel eingesetzt wurden. Drei Frauen starben bei diesen Versuchen.
Die Zeit nach 1945
Noch in den Kriegsjahren verhandelte Himmler mit den Alliierten und dem Chef des schwedischen Roten Kreuzes, Folke Bernadotte Graf von Wisborg.
Im Zuge dieser Gespräche wurde die Rettungsaktion der Weißen Busse vereinbart. Das Lazarett überstand die Kriegsjahre ohne Bombenangriffe und wurde zum Kriegsende vollkommen evakuiert.
Am 29. April 1945 wurde die weitestgehend intakte Heilanstalt den russischen Verbänden übergeben.
Unter dem Kommandanten Nasarow, plünderte und zerstörte die Rote Armee sämtliche Einrichtungen. Operations- und Röntgeneinrichtungen wurden teils vernichtet oder abtransportiert.
In den späteren Folgejahren bis zur kompletten Aufgabe im August 1993 nutze die sowjetische Besatzungsmacht die Anlage hauptsächlich als Lazarett und Geburtenstation.
Hinter den Zaun
Bereits bei meinem ersten Besuch in Heilanstalt Hohenlychen wuchs der Wunsch, diese Anlage auch von innen zu sehen. Doch es sollte noch zwei weitere Jahre dauern, bis dieser Wunsch endlich in Erfüllung gehen sollte.
Irgendwann zwischen diesen Jahren hielt ich nochmals in Lychen auf einen Zwischenstopp an und umwanderte die gesamte Anlage.
Das gesamte Gelände liegt, mit dem „Rücken“, am Zenssee. Ein breiter Pfad, der „Weg am Zenssee“ führt direkt am Wasser entlang.
Zur anderen Seite erhebt sich das Gelände der Heilanstalt und vereinzelt tauchen die imposanten Fassaden des Südbaus zwischen den Bäumen auf.
Diese „Gesamtkomposition“ lässt den Erholungswert und die damalige Beliebtheit der Anlage erahnen. Aber auch bei diesem Besuch blieb es bei einem Spaziergang um das Gelände.
Zwischenzeitlich hatte ich die Jungs von „go4know“ kennengelernt und konnte dadurch einige andere Touren unternehmen. Aber irgendwann verkündete der Newsletter, dass nun auch Hohenlychen im Programm ist.
Was für eine Freude! In altbekannte Manier trafen wir uns wieder zum gebuchten Termin und nun ging es endlich auch in die Anlage.